Vor ein paar Tagen wurde für mich eine Abschiedsparty in Form eines „High Tea“ („hoher Nachmittagstee“) gegeben. Eingeladen hatten Mitglieder der Schulband, Musiklehrer und Lehrer der Merrimac School. Es war zu Hause bei einer Lehrerin und die Umgebung war traumhaft: inmitten von subtropischen Bäumen war der Teetisch gedeckt und rundherum weite Wälder, Wiesen und wilde Kängurus…
Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie höflich die Australier sind. Ich kenne ja die amerikanische Art von meinen Studienjahren ziemlich gut und bin mit der für uns Europäer ungewohnten Freundlichkeit bestens betraut. Doch fällt mir hier doch ein großer Unterschied zu Amerika auf: Australier sind vorsichtiger, nicht so lautstark und wesentlich zurückhaltender, sowohl in ihren Reaktionen, als auch in ihren Urteilen.
Da erzählte eine Dame am Teetisch, wie ihre Nachbarin alle überhängende Äste so derart zurückgeschnitten hat, dass nun ihre Bäume absterben. Außerdem habe sie weit in ihren eigenen Garten hinein Pflanzen und Blumen ausgerissen. Ich fragte, was sie daraufhin gemacht habe.
„Och, nichts.“ sagte sie. Wenn sie sie mal trifft, wird sie ihr sagen, dass es ihr leid täte, dass sie bei der Aktion gerade ausser Haus war, dann würden ihre geliebten Bäume und Blumen jetzt noch leben. Dabei lachte sie und zuckte die Schultern. Ganz schön cool… dachte ich.
Australier lieben es, in ihren Gesprächen wie Kängurus umher zu hüpfen. Kein Thema dauert länger als 2-3 Minuten, dann wirft irgendjemand einen Gedanken in den Raum und schon ist man bei einem ganz anderen Gesprächsstoff… Da fragte mich jemand, wie ich das australische Schulsystem im Vergleich zum deutschen finde und ich setze gerade in 1-2 einleitenden Sätzen an: „Also, es gibt schon viele Unterschiede. Zum einen im Schüler-Lehrer-Verhältnis, als auch im Allgemeinen schon dadurch, dass die Schüler hier Uniformen tragen.“ Da sagt jemand, dass Uniformtragen hier sehr wichtig sei und bei Missachtung bestraft wird, woraufhin jemand eine Geschichte erzählt und schon wenige Minuten später dreht sich das Gespräch um das Essverhalten von basilianischen Austauschschülern. Meine Einleitung genügte als Antwort scheinbar völlig und bedurfte keiner weiteren Vertiefung. Andererseits war ich bei manchen Themen sehr interessiert und hätte gern mehr darüber gewusst oder länger zugehört, doch es zeigte sich immer wieder, dass viel angerissen wird und wenig länger als ein paar Sätze diskutiert wird.
Ich möchte aber nicht pauschalisieren, es mag durchaus sein und wird mit ziemlicher Sicherheit so sein, dass es auch hier viele tief schürfende Gespräche und Gesprächspartner gibt. Ich habe sie halt noch nicht getroffen…