Aus Reiseführern wussten wir es ja schon. Es scheint nicht ganz einfach, als Ausländer hier echte Freundschaften zu knüpfen. In der Schule seien die Kinder „komisch und hektisch“, berichten meine Drei. Es ist schon ungewohnt, wenn man an einem Tag total beliebt ist, alle scharen sich um dich und dann wirst du am nächsten Tag total übersehen und wie Luft behandelt. Alle rennen vorbei, murmeln bestenfalls noch „I have to go“ (ich muss gehen) und lassen dich stehen. Das haben sie schon in verschiedensten Situationen erlebt.
Hanna hat eine gute Mädchengruppe gefunden, war schon zu Hause und auf Parties eingeladen, richtig gut integriert und trotzdem hat sie das Gefühl, ihren Platz jeden Tag neu finden zu müssen, denn es passiert, dass sie in der Pause stehen gelassen wird oder dass ihre beste Freundin nach Schulschluss einfach wegrennt, ohne „tschüss“ zu sagen. Dabei wird nicht gemobbt oder augenrollend geguckt, es wird nicht Abneigung gezeigt, nein, es ist einfach sehr nettes Desinteresse. Scheinbar geht man so miteinander um. Tiefergehende Gespräche, Themen, Freundschaften scheinen nicht stattzufinden und laufend formieren sich die Cliquen neu. Viel Bewegung ist drin und wenig Verlässlichkeit.
Die Jungs berichten in etwa das Gleiche. Waren Mitschüler heute total interessiert und haben sogar nach Schulschluss stundenlang mit ihnen gechattet, kann es passieren, dass sie sie am nächsten Tag völlig ignorieren. Wenn man dann nachfragt, „Hey, was ist los?“ kommt ein total verwundertes „Wieso? Nichts! Was soll sein?“
Ich kam in verschiedenen Situationen in Kontakt mit Australiern. In der Kirche, in der Hula Hoop Gruppe, Nachbarn, Schulband, neuerdings Surfgruppe. Aber ich wurde noch nie in ein Haus eingeladen. Zwar war ich zum Essen/Tee eingeladen, aber bei Albanern, bei Rumänen und bei Russen. Das Haus ist das Heiligtum der Australier. Da kommen nur beste Freunde und Familie rein. Man trifft sich zum Spazierengehen oder im Restaurant.
Andererseits scheinen sich erste Kontakte sehr viel einfacher herzustellen, als in Europa. Steht man alleine an einem Schalter oder an einem Ladenregal oder ganz gleich wo, werden Australier dich fast immer auf ein Schwätzchen ansprechen, sofern sie selbst auch alleine sind. Diese Freundlichkeit ist erfrischend und kommt von Herzen. Es gehört sich hier einfach nicht, stumm und desinteressiert aneinander vorbei zu schauen. So gerät man leicht in ellenlange Konversationen und man manchmal das Gefühl, dieses Gespräch gerne fortsetzen zu wollen, weil es interessant ist. Aber dann, so plötzlich wie es anfing, so plötzlich endet es auch. „I`ve got to go! See ya!“ (Ich muss los, Tschüss!)