Seit ich Kind bin, habe ich eine tiefe Sehnsucht: sportlich zu sein! Irgendwie bin ich es auch, zumindest von meinen Körperbau, aber ich habe mich, seit ich denken kann, wie eine verhinderte Sportlerin gefühlt. Als Kind fing ich (noch in Rumänien) mit Ballett an und soweit ich mich erinnern kann, fasste ich eine große Liebe dazu… was natürlich auch mit der klassischen Musik zu tun hatte. Doch dann erkrankte ich schwer an einer
Herzmuskelentzündung
und durfte 5 Jahre überhaupt keinen Sport machen. Ich war nie in irgendeinem Sportverein (lag auch daran, dass ich lieber Klavier übte) und als ich im Schulsport wieder mitmachen durfte, war ich bereits ein älterer Teenager. Immerhin stand ich 18-jährig zum ersten Mal auf Skiern. Dann kam das Musikstudium, des größter Feind ja eh der Sport ist… schade eigentlich … doch ich kannte auch keine Musiker, die Sport betrieben hätten. Ich ging ab und zu schwimmen und fühlte, dass mir etwas fehlte. Nach dem Studium ging ich mit Richard mit einer Laufgruppe joggen, das war noch in Düsseldorf und dann ging ich wieder ins Ballett. Als wir kurz darauf nach Freiburg zogen, war ich schon Mama und meine sportliche Betätigung beschränkte sich auf Stillen und Tragetuch. Naja, ich hatte immer Ausreden und bemerkte, dass mir was fehlte. Ich wollte mich bewegen, spürte, wie mein Körper sich nach Bewegung sehnte und so ging ich in ein Fitness-Studio. Das war ganz gut eigentlich, doch dann brach ich mir ein Bein, ein Jahr später wurde ich am Meniskus operiert und dann hatte ich eine frozen shoulder (Schultersteife). Zwischendurch immer mal Anläufe um regelmäßigen Joggen genommen….aber der innere Schweinehund…
So und jetzt bin ich hier in Australien und fühle, dass ich keinen Mut mehr habe, irgendetwas anzufangen. Ich möchte aber sportlich sein!!! Nun geht mir hier jeden Tag ein neues Licht auf: 60jährige joggen frisch-fröhlich am Strand, 80jährige reiten die Wellen wie Jugendliche, 70jährige schwingen die Hüften zum Hula Hoop Reifen! Ich denke, wo bin ich hier gelandet?
Ok, eine Sache muss ich noch erwähnen: vor etwa 6 Jahren habe ich mit meinem Bruder Harri eine Surfreise nach Spanien unternommen, zu einem deutschen Surfcamp. Das war so eine Erleuchtung, nachdem ich im Internet Wellenreiten gesehen hatte. Dieses Surfcamp war zwar der totale Reinfall, aber immerhin, ich bekam ein Gefühl dafür. Und seit ich hier bin, den Strand vor der Tür und die alten Omas vor der Nase, wie sie die Wellen rocken, lässt es mich nicht los! Habe mir ein Brett geholt und ein bisschen alleine probiert. Als Richard da war, hat er mich angestupst, das hat geholfen, aber ich wußte, ich brauche noch mal richtig Unterricht.
Aber, in den Surfschulen, da sind immer Kinder und Jugendliche… wie passte ich da rein? Da sah ich eine Schule die bietet eine „Ladies Group“ an. Oha!
Ja und heute war dann der erste große Tag! Ich konnte schon ganz schlecht schlafen vor Aufregung, irgendwie scheine ich 200 kg zu wiegen, wenn es darum geht, dass ich auf diesem blöden Surfbrett AUFSTEHEN soll! Ich fühle mich, als ob ich festgeklebt bin und ich wußte, wenn ich Aufstehen und den richtigen Stand hinkriege, wird alles andere ein Spaziergang. Als ich heuet morgen bei der „Ladies Group“ ankam sah ich, dass ich die zweitjüngste war. Eine etwa 70jährige, die auch zur Gruppe gehörte, sprach mich an, ob ich neu sei….sie merkte wohl, dass ich aufgeregt war. Schließlich regnete es in Strömen, dunkle Wolkenfetzen jagten über den Himmel, es sah ganz und gar nicht einladend aus, wie die Wellen donnernd und schaumig an den Strand kamen.
Ich wollte schon aufgeben, innerlich, da sagte sie: „When you want to surf, you have to hammer one thing into your head: i can do it, i can do it, i can do it!!!“ (wenn du surfen willst, musst du eine Sache in deinen Kopf hämmern: ich kann es, ich kann es, ich kann es!!!) WOW! Dieser Gedanke war mir neu! Zumindest in Verbindung mit meiner Sportlichkeit. Ich kann etwas…. also etwas Sportliches?
Meine Lehrerin stupste mein Brett dann an und sagte: „Du musst den Schalter in deinem Kopf umlegen! Du kannst das! Du kannst auf diesem Brett stehen! Und du wirst HEUTE auf diesem Brett stehen!!!“ Ja, und so klappte das dann auch. Nach der 8. Welle, die ich stehend und mit sicherem Tritt erwischte, hörte ich dann auf zu zählen…. WOW!!!!!! Ja, die Australier haben den Dreh eben raus.
Bei meinem deutschen Surflehrer klang das so: „Also, Leute, ihr habt jetzt den 1. Kurs (der ging 10 Tage!) absolviert, das ist völlig normal, dass noch keiner den Take off (aufstehen auf dem Brett) schafft. Wenn ihr jetzt noch Kurs 2 und 3 belegt (jeweils noch mal 10 Tage und 490,- €) dann könnt ihr es vermutlich danach! Aber surfen ist halt schwer…“
Ich gratuliere!! Yes, you can do it!
Hahaa, tolle Geschichte! „Und du wirst HEUTE auf diesem Brett stehen!!!“ Eva, wie herrlich und ich freue mich sehr. Es scheint vieles dort bei Euch LEICHTER zu gehen, oder wirkt das nur so … doch, es ist leichter als hier. Es wirkt aber auf beglückende Weise ansteckend. Danke.
Gratuliere, Eva! Respekt! Habe genau einmal versucht zu Surfen, auf Hawai, und dieses riesige Brett voll auf die Nase bekommen. Das war’s, habe mit diesem Sport abgeschlossen.
Übrigens habe ich jeden eurer Einträge gelesen und genossen. Und gleichermaßen gelitten vor Sehnsucht…
oh, ja, dass man Sehnsucht nach Australien bekommt, kann ich mir gut vorstellen… ich wage gar nicht daran zu denken, wie es mir im kommenden Winter in Europa gehen wird…:-((
Ja ja, wie sagte die Anne damals schon vor meiner Rückkehr: „Du musst dich abhärten, in jeder Hinsicht.“ :-))) Aber ihr habt ja noch viel Zeit zum Genießen. Und ich geh mal wieder ne Stinkewindel wechseln. Jona läuft schon und kriegt gerade seinen 11. Zahn, so wie er rumsabbert. Küsschen an die Kids